Die Gleichschaltungsgesetze und -maßnahmen hoben bis Januar 1935 auch die Justizhoheit der Länder auf. Das Reichsjustizministerium wurde damit zur obersten Aufsichtsbehörde über alle Gerichte, Strafvollzugsanstalten und deren Personal. Eine einheitliche Justizausbildungsverordnung stärkte dessen Loyalität zum Führerstaat: Sie sah für Referendare eine zweimonatige ideologische Schulung im „Gemeinschaftslager Hans Kerrl “ und die mündliche Prüfung des Fachs „Volks- und Staatskunde im weitesten Sinn“ vor.
Andererseits wurden die meisten seit dem 18. Jahrhundert entstandenen Justizbehörden beibehalten. Von den Richtern, die bis 1933 nur selten NSDAP-Mitglieder waren, wurden nur etwa 600 entlassen. Die Spitzenpositionen des Reichsjustizministers und Reichsgerichtspräsidenten wurden deutschnationalen Vertretern überlassen und nicht neu besetzt. Dagegen betraf das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vor allem „nichtarische“ und politisch missliebige Rechtsanwälte. Alle Anwälte mussten sich in der Reichsrechtsanwaltskammer und der Reichsnotarkammer registrieren lassen, die ihre Zulassung regelte und politische Zuverlässigkeit überwachte. Später mussten alle Richter einen persönlichen Treueeid auf den „Führer und Reichskanzler“ Adolf Hitler ablegen, der seit 30. Juni 1934 auch der „oberste Gerichtsherr des deutschen Volkes“ zu sein beanspruchte. Frauen wurden seit 1935 nicht mehr als Richterinnen, Staats- und Rechtsanwälte zugelassen.
Der Nationalsozialismus verstand sich als alle Bereiche von Staat und Gesellschaft umgestaltende, revolutionäre Volksbewegung. Er strebte die Aufhebung der für die Weimarer Verfassung grundlegenden Rechtsprinzipien an: vor allem der individuellen Bürgerrechte und der institutionalisierten Gewaltenteilung zwischen Reichs- und Landesregierungen einerseits, Legislative, Exekutive und Judikative andererseits. Sie sollten nicht nur gemäß Punkt 25 des Parteiprogramms von 1920 einer „starken Zentralgewalt des Reiches“ untergeordnet, sondern entweder durch neu aufgebaute Behörden ersetzt oder entmachtet und umstrukturiert werden, um fortan Teil eines von oben nach unten organisierten „Führerstaats“ zu sein. Die Idee der Volksgemeinschaft sollte Politik, Moral und Recht zu einem unauflösbaren Ganzen zusammenschweißen. Der dynamische, keiner höheren Rechtsinstanz verpflichtete „Führerwille“ sollte – von den Parteigliederungen im vorauseilenden Gehorsam erahnt – eine neue nationalsozialistische Herrschaftsform schaffen. Formal nicht normierte emotionale Leitgedanken wie das „gesunde Volksempfinden“, der Aufstieg der „Tüchtigen“ durch „Kampf und Auslese“ usw. sollten zu neuen Quellen des Verfassungsrechts werden. An die Stelle der Verpflichtung der Staatsbeamten auf allgemeine Rechtsprinzipien sollte die persönliche Verpflichtung treten, die dann durch „Führereide“ bekräftigt werden musste. Hitler hatte mit seinem Legalitätseid vom 30. September 1930 (Ulmer Reichswehrprozess) die Ausnutzung der legalen Möglichkeiten und spätere Umgestaltung des Staates nach der eigenen Weltanschauung angekündigt. Jedoch besaß die intern nach diesen Prinzipien organisierte NSDAP kein schlüssiges Konzept für den Neuaufbau der gesamten überkommenen Staatsverwaltung.
Wie für den Verwaltungsapparat besaß die NSDAP auch für die von ihr angestrebte Rechtsordnung kein klares Konzept. Das 25-Punkte-Programm hatte in Punkt 19 ein nicht näher definiertes „deutsches Gemeinrecht“ als „Ersatz für das der materialistischen Weltanschauung dienende römische Recht“ gefordert. Darunter verstand die NSDAP vor allem die Unterordnung der individuellen Bürgerrechte unter das angebliche Gesamtinteresse der „Volksgemeinschaft“: Recht ist, was dem Volke nützt. Als oberste Rechtsgüter wurden unklar definierte Begriffe wie Rasse, Erbgut, Ehre, Treue, Wehrhaftigkeit, Arbeitskraft, Zucht und Ordnung propagiert. Dieser Ideologie gemäß brachen schon einige der ersten Maßnahmen des NS-Regimes wesentliche Prinzipien des Rechtsstaats wie die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Gewaltenteilung und nulla poena sine lege: so die „Reichstagsbrandverordnung“, das „Heimtückegesetz“ und das „Gesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe“ (Lex van der Lubbe). Hitlers Mordbefehle und ihre Ausführung beim angeblichen Röhm-Putsch vom 30. Juni bis 3. Juli 1934 wurden nachträglich legalisiert. Damit wurden der Wille und die ausführende Gewalt des Führers dem kodifizierten Recht und Gesetz übergeordnet.